| Saturday, 05.10.2019 Liminale Räume

Stufen. Zur ästhetischen Funktion der Schwelle zwischen Langhaus und Chor in der Salzburger Franziskanerkirche

Zwei in den Triumphbogen der Franziskanerkirche kaum merklich eingespannte Stufen fungieren als Ort der Trennung und der Kommunikation gleichermaßen: Sowohl sinnbildlich als auch konkret räumlich regelt diese Schwelle die Überleitung von der romanischen Architektur der Massen zur diaphanen Struktur der spätgotischen Raumkonzeption. Nicht im Geringsten aber mindert die historische Kontingenz dieser baugeschichtlichen Nahtstelle deren ästhetische Produktivität: Denn mit dem Übertreten der Schwelle wird der hier von Alois Riegl konstatierte „malerische“ Blick aus dem Dunkeln ins Helle in eine noch umfassendere ästhetische Erfahrung – nämlich jene des Erhabenen – überführt. Insbesondere scheinen diese ästhetischen Mechanismen im Dienst der theologischen Semantisierung des Kirchenraums – als Modell des Irdischen und Himmlischen – zu stehen.
Als stiller, aber umso aufmerksamerer Zeuge dieses raumästhetischen Spiels steht der heutige Hochaltar Fischers von Erlach in der Mitte des Chors – ist er doch der dramaturgisch wie auch ikonographisch folgerichtige Schlusspunkt des gesamten räumlichen Gefüges.